Berufseinstieg

Die IG Übersetzerinnen Übersetzer bietet zu den Büro-Öffnungszeiten und nach Vereinbarung Beratungstermine im Literaturhaus, telefonisch oder per Mail an. Melden Sie sich gerne bei uns, wenn Sie Fragen haben, die über die FAQs zum Thema Berufseinstieg hinausgehen.

Weiterführende Informationen bietet auch die Rubrik Berufspraktisches.


Leitfaden für Berufsanfänger∙innen

 

Literaturübersetzen ist im Prinzip ein Beruf ohne formale Zugangskriterien, die Berufsbezeichnung ist nicht geschützt. Wichtig für die Ausübung des Berufs sind neben sehr guten Kenntnissen der Ausgangssprache ein souveräner und freudvoller Umgang mit der Zielsprache und die Bereitschaft, sich laufend in neue Wissensgebiete einzuarbeiten.

Hier einige Studiengänge für literarisches Übersetzen in Österreich und im deutschsprachigen Raum:

Zentrum für Translationswissenschaft, Universität Wien
Masterstudium Translation (4 Semester)
Schwerpunkt: Übersetzen in Literatur – Medien – Kunst (LMK)

Universität Innsbruck
Masterstudium Translationswissenschaft (4 Semester)

Ludwig-Maximilians-Universität München
Literarisches Übersetzen (2 Semester)

Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Literaturübersetzen (4 Semester)

Auch wenn man schon im Beruf steht, ist regelmäßige Weiterbildung empfehlenswert. Dafür gibt es zahlreiche themen- und sprachspezifische Seminare und Workshops, die nicht zuletzt auch die Gelegenheit bieten, neue Kolleg·innen kennenzulernen und sich zu vernetzen.

 

Literaturübersetzer∙innen arbeiten fast ausschließlich freiberuflich und müssen sich als Solo-Selbständige um das Versteuern ihrer Einkünfte und Sozialversicherung selbst kümmern. In Österreich brauchen sie als „Neue Selbständige“ jedoch keinen Gewerbeschein.

So schön der Beruf auch ist, die Verdienstmöglichkeiten sind leider nach wie vor begrenzt. Viele Kolleg∙innen haben sich deshalb ein zweites Standbein aufgebaut, das sich gut mit dem Übersetzen kombinieren lässt.

Sie haben ein noch nicht ins Deutsche übersetztes Buch für sich entdeckt? Die Erfahrung zeigt, dass es sich nicht lohnt, es vollständig zu übersetzen, solange kein Vertrag abgeschlossen wurde. Zusammen mit einer Inhaltsangabe und kurzen Einordnung des Textes genügt eine Übersetzungsprobe, damit sich Verlage einen guten Eindruck von dem Werk verschaffen können. Bevor Sie Arbeit investieren, sollten Sie jedoch sichergehen, dass die Lizenzen für die deutsche Übersetzung noch nicht verkauft wurden, worüber der Originalverlag Auskunft gibt.

Bekommt man von einem Verlag ein Buch angeboten, ist es in der Branche üblich zu überprüfen, ob bereits frühere Werke des Autors oder der Autorin von einer Kollegin oder einem Kollegen übersetzt wurden. Gegebenenfalls ist es fair, den angestammten Übersetzer∙innen den Vortritt zu lassen bzw. sich bei diesen zu erkundigen, warum der Auftrag nicht an sie ging.

 

Die Vertretung der Interessen von Übersetzer·innen literarischer und wissenschaftlicher Werke in Österreich wird von der IG Übersetzerinnen Übersetzer wahrgenommen. Als Kandidat∙innenmitglied können Sie auch ohne veröffentlichte Übersetzung der IGÜ beitreten. Damit stehen Ihnen z. B. die Veranstaltungen und Fortbildungen der IGÜ, aber auch einiger anderer Übersetzer∙innenverbände, wie etwa dem deutschen Schwesterverband VdÜ, zu Mitgliedskonditionen offen.

Als Solo-Selbständige∙r müssen Sie ab einer bestimmten Einkommensgrenze beim Finanzamt eine Steuererklärung einreichen und sich bei der SVS pflichtversichern. Um einen Zuschuss zur Pensionsversicherung können Sie beim Künstler-Sozialversicherungsfonds (ksvf) ansuchen. Weiterführende Informationen zu diesen Themen siehe Berufspraktisches.

Als Urheber∙in sollten Sie außerdem einen Verwertungsvertrag mit einer Verwertungsgesellschaft abschließen, in Österreich in der Regel mit der Literar Mechana, die bestimmte Rechte, wie die Vergütung für Bibliotheksausleihen, kollektiv wahrnimmt.

 

Eine Möglichkeit ist eine Initiativbewerbung mit Probeübersetzung (5 bis 8 Normseiten) und einer Inhaltsangabe sowie einer Einordnung von Werk (u.a. Genre) und Autor∙in (Debütant∙in, Bekanntheitsgrad etc.). Erklären Sie, warum der Titel gut in das jeweilige Verlagsprogramm passt. Nach Möglichkeit sollten Sie auch sicherstellen, dass die Übersetzungsrechte für den Titel noch nicht vergeben sind.

Bauen Sie persönliche Kontakte zu Lektor∙innen und Verlagen auf. Dafür eignen sich Buchmessen (hier sollten Sie möglichst vorher einen Termin vereinbaren) und Literaturveranstaltungen oder auch ein Praktikum.

Wenn Sie sich als Übersetzer∙in vorstellen, bieten Sie sich mit Ihren Sprachkenntnissen (und Ihrem Interessengebiet) auch als Gutachter∙in zum Prüfen von neuen Titeln an. Über diesen Umweg hat schon so manche∙r den ersten Übersetzungsauftrag bekommen.

Vernetzen Sie sich mit Kolleg∙innen, indem Sie dem Berufsverband beitreten und an seinen Veranstaltungen teilnehmen – in Österreich ist das die IG Übersetzerinnen Übersetzer, die Sie als Kandidat∙in auch ohne veröffentlichte Übersetzung aufnimmt.

Schließlich gibt es Förderungen, die sich explizit an Berufseinsteiger∙innen richten, wie den Übersetzer∙innenpreis der Stadt Wien.

 

Verträge

Die Vereinbarung mit dem/der Auftraggeber∙in sollte im Interesse der Rechtssicherheit für beide Beteiligte unbedingt schriftlich festgehalten werden. Mindestens folgende Eckdaten sollten geregelt sein, bevor die Arbeit beginnt:

  • Der/Die Auftraggeber∙in hat das Recht zur Veröffentlichung der Übersetzung
  • Abgabetermin
  • Angemessenes Honorar (Normseite)
  • Absatz- und Lizenzbeteiligungen
  • Namensnennung mindestens auf der Titelseite
  • Möglichkeit, die Rechte gemäß Urheber∙innenrecht zurückzurufen.

 

Der Ablauf in Stichworten:

  • Anfrage, Verlag schickt Manuskript
  • Rahmenbedingungen werden abgesteckt
  • Verlag schickt Vertrag, der verhandelt werden sollte (bessere Bedingungen auszuhandeln ist solidarisch!), ehe er unterschrieben zurückgeschickt wird. Die IGÜ kann hier beraten.
  • Bei Verlagen in Deutschland: Abzugssteuer beantragen
  • Rechtzeitig mit dem Übersetzen beginnen, tägliches Pensum einhalten, Zeitpolster einplanen
  • Arbeits-, Reisestipendium beantragen? (nicht als Honorarersatz!)
  • Rohfassung mit Recherchen absichern, evtl. Kontakt mit Autor∙in
  • Korrekturdurchgang/-gänge
  • Abliegen lassen
  • Von jemandem (vor)lesen lassen
  • Letzte Korrektur
  • Abgabetermin einhalten
  • Honorarnote schicken
  • Lektorat
  • Lektoriertes Manuskript kommt zurück, Übersetzer∙in prüft, bei Bedarf das Gespräch suchen. Wichtig: Übersetzer∙innen sind die Urheber∙innen der Übersetzung und stehen letztlich mit ihrem Namen für die deutsche Fassung des Textes.
  • Innerhalb der vereinbarten Frist zurückschicken
  • Fahnenkorrektur – letzte Möglichkeit zur (geringfügigen) Korrektur
  • Belegexemplare kommen
  • Buch erscheint
  • Für Übersetzungsprämie einreichen?

 

Von den Förderungen und Preisen in Österreich sei hier der Übersetzer·innenpreis der Stadt Wien hervorgehoben, der sich explizit an Berufsanfänger∙innen richtet.

Auch der Deutsche Übersetzerfonds hat Angebote wie etwa das Hieronymus-Programm oder das Johann-Joachim-Christoph-Bode-Stipendium (Letzteres nur mit Verlagsvertrag), die sich an Übersetzer∙innen zu Beginn ihrer Laufbahn richten.

Das von der IGÜ durchgeführte Projekt Incentives vergibt Initiativstipendien für Übersetzungsprojekte, die noch keinen Verlag gefunden haben. Einreichung steht auch Berufseinsteiger·innen offen.

 

Die IGÜ rät, grundsätzlich keine Aufträge für Post-Editing von maschinenübersetzten Texten anzunehmen. Literaturübersetzer∙innen sollten selbst entscheiden können, auf welche Arbeitsmittel sie zurückgreifen. (Das könnte auch die reflektierte Verwendung von KI-Systemen beinhalten, sofern die Originalautor∙innen dies nicht ausgeschlossen haben.)

Diverse Studien haben ergeben, dass die seriöse, professionelle Nachbearbeitung eines von einer KI vorübersetzen literarischen Texts ebenso lange dauert wie das Übersetzen ohne maschinelle Vorlage. Wenn Sie dennoch erwägen, einen solchen Auftrag anzunehmen, sollten Sie deshalb zumindest auf einem angemessenen Honorar bestehen, das dem einer Übersetzung ohne KI entspricht. Die IGÜ empfiehlt hierfür einen Stundensatz von mindestens € 60,-.

Sobald eine gewisse „Schöpfungshöhe“ gegeben ist, sind Post-Editor∙innen nach Meinung der IGÜ und anderen Übersetzer∙innenverbänden die Urheber∙innen der überarbeiteten Fassung, während für die reine Maschinenübersetzung kein Anspruch auf Urheber∙innenrecht besteht. Entsprechend sollte ein Vertrag wie für herkömmliche Übersetzungsaufträge abgeschlossen werden.

 

Einen guten Überblick über das Berufsbild bieten das Handbuch Literarisches Übersetzen und das Handbuch Literarisches Übersetzen 2.0, beide herausgegeben von Katrin Harlaß. In Letzterem fasst der Aufsatz „Alles leiwand in Austria“ speziell die Arbeitsbedingungen für Literaturübersetzer∙innen in Österreich zusammen.

Informative Websites zum Thema Literaturübersetzen sind auf unserer Linkliste zu finden.